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Descriptive alternative text

Über den Sinn des Lebens

Dem Leben antworten

Die Frage kann nicht mehr lauten: “Was habe ich vom Leben zu erwarten”, sondern darf nur mehr lauten: “Was erwartet das Leben von mir?”

Das Leben richtet Fragen an uns - nur indem wir darauf antworten, bietet sich die Möglichkeit zur Sinnerfüllung.

In dieser Denkposition kann uns nichts mehr schrecken - die Gegenwart ist alles, denn sie birgt die ewig neue Frage des Lebens an uns.

Wege der Antwort

Sinn stiften

Menschsein ist nämlich nichts anderes als: Bewusst-Sein und Verantwortlich-Sein!

Es steht in unserer Verantwortung den jeweiligen Sinn zu verwirklichen.

Tod

Wenn uns kein Tod und kein Ende drohte, keine Begrenzung der Möglichkeiten, hätten wir keine Veranlassung.

Alles hätte Zeit, es würde keinen Sinn ergeben gerade jetzt zu handeln.

Nur diese Tatsache lässt es sinnvoll erscheinen, etwas zu unternehmen, eine Möglichkeit zu nutzen und zu verwirklichen, zu erfüllen, die Zeit zu nutzen und auszufüllen.

So macht der Tod erst den Hintergrund aus, auf dem unser Sein eben ein Verantwortlichsein ist.

Was bleibt

Ebenso wie das Leben ist auch jeder Tag, jede Stunde, jeder Augenblick einmalig und legt eine furchtbare und doch so herrliche Verantwortung auf unser Dasein.

Eine Stunde deren Forderung wir nicht verwirklichen ist verwirkt, verwirkt für alle Ewigkeit.

Umgekehrt ist aber das, das wir, in die Gegenwart des Augenblick benützend, verwirklichen, ein für alle Mal hineingerettet in die Wirklichkeit, in eine Wirklichkeit, in der es nur scheinbar “aufgehoben” wird, in der es Vergangenheit geworden ist: In ihr ist es nämlich in Wahrheit aufgehoben ganz im Sinne vom “Aufbewahrtsein”! Das Vergangensein ist in diesem Sinne vielleicht sogar die sicherste Form von Sein überhaupt. Dem Sein, das wir so in die “Vergänglichkeit” hineingerettet haben,kann die “Vergänglichkeit” eben nichts mehr anhaben.

People might forget, but your acts of love live on

Work on Earth, Susan Sommerfeld

Unvollkommenheit

Analogie: In der Entwicklung der Lebewesen ist die primitive Zelle, ein Einzeller zu allem fähig.

In höheren Organismus wird die Einzelzelle spezialisiert - um den Preis der ursprünglichen “Vollkommenheit” - Eine Zelle der Netzhaut des Auges kann nicht mehr essen oder sich bewegen, aber sie kann sehen - und das in einem außergewöhnlichen Maße.

Gedanke: Frankl beantwortet zwar die Frage, inwiefern sich unsere Unvollkommenheit in Hinblick auf unsere Fähigkeiten in den Gesamtorganismus der menschlichen Gemeinschaft integrieren und ein harmonisches Ganzes ergeben, wie steht es aber um unsere moralisch/ethische Unvollkommenheit?

Diese Frage steht vielleicht nicht im Fokus Frankls bei der Beantwortung nach dem Sinn des Lebens - zunächst scheint sein Bild dabei aber zu scheitern. Die Unvollkommenheit eines Adolf Hitlers scheint sich erst mal nicht als Spezialisierung oder Einzigartigkeit verstehen zu lassen, die für den Organismus von Nöten gewesen wäre. Und doch funktioniert das Bild vielleicht doch, in dem wir die uns aufgetragene Aufgabe darin verstehen ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, wie wir uns lebensstiftend in die menschliche Gemeinschaft integrieren können, mit unserer jeweiligen Begrenztheit und in diesem Rahmen Verantwortung übernehmen. Dabei ist vielleicht der Gradmesser gerade nicht wie hoch wir selbst streben und aufsteigen, sondern wie gelungen wir uns in das harmonische Ganze einfügen und unsere Rolle füllen.

Wer die Gemeinschaft bricht, Feindschaft säht, spaltet und die Existenz anderer bedroht, verfehlt seine Aufgabe - in diesem Bilde könnte man gar sagen, die Nationalsozialisten waren ein Krebsgeschwür im Organismus der menschlichen Gemeinschaft.

Spannend ist, dass wir dieses Bild des Körpers bereits in der Bibel vorfinden:

Denkt zum Vergleich an den ´menschlichen` Körper! Er stellt eine Einheit dar, die aus vielen Teilen besteht; oder andersherum betrachtet: Er setzt sich aus vielen Teilen zusammen, die alle miteinander ein zusammenhängendes Ganzes bilden. Genauso ist es bei Christus.

1.Korinther 12,12

Und wie jeder Körper besteht dieser Leib aus vielen Teilen, nicht nur aus einem.

1.Korinther 12,14

Wenn der ganze Körper nur aus Augen bestünde, wo bliebe dann das Gehör? Wenn er nur aus Ohren bestünde, wo bliebe der Geruchssinn? Tatsache jedoch ist, dass Gott, entsprechend seinem Plan, jedem einzelnen Teil eine besondere Aufgabe innerhalb des Ganzen zugewiesen hat.

1.Korinther 12,17-18

Das Auge kann nicht einfach zur Hand sagen: »Ich brauche dich nicht!« oder der Kopf zu den Füßen: »Ich brauche euch nicht!« Nein, gerade die Teile des Körpers, die schwächer zu sein scheinen, sind besonders wichtig; gerade den Teilen, die wir für weniger ehrenwert halten, schenken wir besonders viel Aufmerksamkeit; gerade bei den Teilen, die Anstoß erregen könnten, achten wir besonders darauf, dass sie sorgfältig bedeckt sind. Gott selbst, der die verschiedenen Teile des Körpers zusammengefügt hat, hat dem, was unscheinbar ist, eine besondere Würde verliehen. Es darf nämlich im Körper nicht zu einer Spaltung kommen; vielmehr soll es das gemeinsame Anliegen aller Teile sein, füreinander zu sorgen. Wenn ein Teil des Körpers leidet, leiden alle anderen mit, und wenn ein Teil geehrt wird, ist das auch für alle anderen ein Anlass zur Freude. 

1.Korinther 12,21-25

All-Sinn

Ebenso gut wie man behaupten könnte am Ende ist alle völlig sinnlos, könnte man auch behaupten, alles sei nicht nur höchst sinnvoll, sondern dermaßen sinnvoll, dass wir diesen Sinn des Ganzen, diesen All-Sinn gar nicht mehr zu erfassen vermögen.

Eines aber wissen wir: Entschließt sich der Mensch für den Glauben an einen letzten Sinn, an den Über-Sinn des Seins, dann wird sich dieser Glaube, wie jeder Glaube, schöpferisch auswirken. Denn der Glaube ist nicht einfach Glaube an “seine” Wahrheit - er ist mehr, viel mehr: Er macht das wahr, woran er glaubt!

Vom Glück

Glück soll und darf und kann nie ein Ziel sein, sondern nur das Ergebnis

Freude selbst kann nicht direkt angestrebt werden

Die Tür zum Glück geht nach außen auf, das heißt, sie verschließt sich gerade demjenigen, der die Tür zum Glück gleichsam einzudrücken versucht.

Kierkegaard

Lehren aus dem KZ

Der Raub am Wert des Lebens

Folgen für die Psychologie der Gefangenen

Durch die Reduktion der Gedanken auf die Selbsterhaltung wird das Niveau der Menschen dem eines Tieres oder Herdentieres gleich.

Der Mensch bleibt frei

Sofern der Mensch im Konzentrationslager den seelischen Gesetzesmäßigkeiten verfiel, dann hatte auch er, trotzdem, die Freiheit besessen, sich der Macht und dem Einfluss der Umgebung zu entziehen und jenen Gesetzesmäßigkeiten nicht zu unterliegen, sondern zu widerstehen, sich ihnen zu entziehen, statt ihnen Blind zu gehorchen.

Wer hält stand?

Wann ließ sich der Mensch seelisch fallen? - Wenn er den geistigen Halt verloren hatte - sobald er keinen inneren Halt mehr besaß!

Dieser innere Halt konnte in zweierlei bestehen:

Wer ein Warum zu leben hat, erträgt fast jedes Wie

Nietzsche

Ein Warum ist ein Lebensinhalt - und das Wie sind die jeweiligen Lebensumstände.

Das Lagerleben wurde eben nur im Hinblick auf ein Warum, ein Wozu überhaupt tragbar.

Vom Leiden

Kein menschliches Leiden lässt sich vergleichen - es gehört zum Wesen des Leidens, dass es das Leiden eines Menschen ist, sein Leiden ist.

Von Größenunterschieden des Leidens zu sprechen wäre von vornerein sinnlos - ein Unterschied jedoch ist, ob es sich um sinnloses oder sinnvolles Leiden handelt.

Dieser Unterschied liegt jedoch vorallem am Menschen selbst:

Vom Menschen und nur von ihm ist es abhängig, ob sein Leben Sinn hat oder nicht.

Vom Nichtwissen

Beim Nichtwissen handelte es sich um ein Nichtwissen-Wollen.

Sollte der “Anständige” wirklich zur Verantwortung gezogen werden dürfen, was andere verbrochen haben?

Die Kollektivschuld

Wäre die Statuierung einer Kollektivschuld nicht ein Rückfall gerade in jene Weltanschauung, die man doch bekämpfen möchte? In jene Weltanschauung, die da den einzelnen Menschen schuldig spricht, weil andere aus der nämlichen Gruppe, der er zufällig angehört, tatsächlich oder angeblich irgendwas verbrochen haben.

Unterscheidung zwischen kollektiver Schuld und Haftung

Verantwortungsfreude

Zur Verantwortung wird man gezogen oder man entzieht sich ihrer.

Das furchtbare an der Verantwortung:

Das herrliche jedoch ist:

Es ist schwierig nicht nur die Verantwortlichkeit zu erkennen, sondern sich auch zu ihr zu bekennen.

Ja zu sagen zu ihr - und zum Leben.

Aber es hat Menschen gegeben, die allen Schwierigkeiten zum Trotz dieses Ja gesagt haben - wenn die Häftlinge im Konzentrationslager Buchenwald in ihrem Lied gesungen haben: Wir wollen trotzdem Ja zum Leben sagen, dann haben sie es nicht nur gesungen sondern auch geleistet.

Da sollten wir es heute, unter verhältnismäßig doch unvergleichlich milden Umständen, nicht leisten können?

Trotzdem Ja zum Leben sagen

Zum Leben Ja zu sagen ist also nicht nur unter allen Umständen sinnvoll - das Leben ist es nämlich selbst - sondern ist auch unter allen Umständen möglich.

Der Mensch kann trotz:

Ja sagen zum Leben!

Gedanken zu Frankl

Frankl wirkt auf mich wie ein puristischer Wissenschaftler - Selbst sein Werk: Trotzdem ja zum Leben sagen - Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager ist weit mehr eine professionelle Schilderung eines Psychologen als ein wirklich nahbarer, emotionaler, persönlicher Erfahrungsbericht. Offen bleiben Fragen wie: Was glaubt Frankl selbst, was hat ihm Sinn zum Durchhalten gegeben?

Er ist ein Mensch der uns seine Augen, seine Wahrnehmung nahezu ungefiltert und trotz der unvorstellbaren Umstände, in einer geradezu grotesk wirkenden, nüchternen Sachlichkeit leiht. Vielleicht macht aber gerade das Frankls Blickwinkel so wertvoll. Denn vielleicht beantwortet er die Frage die das Leben an ihn stellt, gerade so, dass er die Erkenntnisse die er aus den Extremsituationen seines Leben ziehen konnte, uns so präsentiert, dass sie auch abgetrennt von der konkreten Lebenssituation als wertvolle Lehren bestehen bleiben.


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